Lungauer Eachtling direkt vom Feld

Internationalität am Eachtling-Feld

„Lungauer Eachtling“ – der Begriff, der eine spezielle regionale Spezialität bezeichnet, ist in aller Munde. Welch beeindruckende Vielfalt und Internationalität noch dazu dahintersteckt, das beweisen Hans Moser und Andrea Bacher am Anthoferhof in Oberweißburg bei St. Michael seit Jahren.

Am Anthoferhof in Oberweißburg bei St. Michael hat man sich auf den Anbau von alten und besonderen Kartoffelsorten spezialisiert. Die Saatkartoffeln für ihre Eachtling-Raritäten stammen aus verschiedenen Ländern Europas, zwei sogar aus Südamerika.

 

Eachtling-Acker blüht in allen Farben

Vor vier Jahren haben Hans und Andrea angefangen, sich mit alten, seltenen Kartoffelsorten zu beschäftigen. Heute sind die beiden, die gemeinsam und mit Unterstützung der Seniorbauersleute die Landwirtschaft führen, schon richtige „Eachtling-Wissenschafter“. Im Frühsommer blüht der Eachtling-Acker vom Anthofer bei der Muhrer-Kreuzung in Oberweißburg in allen Farben. Er kündigt bereits an, welche bunte Ernte die experimentierfreudigen Landwirte im Herbst erwartet. 31 Sorten, die Hans und Andrea diesmal angebaut haben, sind aufgegangen. 1.300 Kilogramm Saatgut haben sie dafür verwendet, eine Ackerfläche von zirka 0,6 Hektar ist nötig. Blau, lila, orange, rot und rosé, allein schon die Farbe Gelb „hat viele Facetten, wenn man die Eachtling allemal kennt“, erklärt Andrea. Das Wissen, das sich die beiden in den vergangenen Jahren angeeignet haben, ist mittlerweile beträchtlich. Die Erfahrung macht’s, da lohnt sich eben der Aufwand, wenn man fürs Ernten, Klauben, Putzen und Sortieren jede einzelne Kartoffel mehrmals in der Hand gehabt hat.

 

Weitgereiste Erdfrucht – echte Raritäten

Für ihre Eachtling-Raritäten schweifen Hans und Andrea gerne in die Ferne. Aus Südamerika etwa stammt eine der jetzigen Lieblingssorten der Familie Moser-Bacher. „Andengold“ haben sie diese Kartoffel mit dem bienenwachsfarbenen Fruchtfleisch und dem vollmundigen Geschmack genannt. Aufmerksamkeit ist in diesem Fall beim Kochen geboten: Andengold hat eine um ein Drittel kürzere Kochzeit als die anderen Sorten. Besonders macht diese Sorte auch, dass sie dreimal im Jahr angebaut werden könnte. „Sie hat keine Keimruhe“, erklären die Spezialisten. Doch auch das Heimische liegt beim Anthofer nah, wenngleich ausgerechnet eine der traditionellsten Lungauer Sorten nur über Umwege wieder zurückfand. „De Blobe! De hob i jo seit meiner Kindheit nimmer g’seachn!“, staunt vor allem die ältere Generation über die „Lungauer Blaue“. Für die Eachtlingzüchter sind Reaktionen wie diese allein schon ein Ansporn, sich all die Arbeit anzutun. „Es werden echte Kindheitserinnerungen wach, und das alles wegen einer Kartoffel!“, freuen sie sich, dass sich noch viele an mehlige Eachtling mit heller Fleischfarbe, die ursprünglich aus Schottland stammt, erinnern können.

Klingende Namen und nicht nur Knollen

„Ackersegen“ ist die zweite altbekannte Lungauer Sorte, die am Anthofer’schen Feld wächst. Wie alle alten Sorten hat auch Ackersegen viel Eigengeschmack – die gehobene Küche etwa serviert sie nur mit Olivenöl. „Einzigartigkeiten, die man sonst nicht mehr auf den Teller bekommt“, zitiert Hans Moser bei dieser Gelegenheit gerne den Salzburger Gourmetkoch Rudi Obauer.

Mit dem „Weinberger Schlosskipfler“, einem festkochenden, längsovalen Salateachtling haben Hans und Andrea übrigens auch die „Kartoffel des Jahres 2017“ am Feld. Ungarn, Schottland, England, Deutschland, Irland und die Schweiz – die Internationalität bringt klingende Namen wie „Blaue Donau“, „Double Fun“, „Golden Wonder“, „Bamberger Hörnla“, „Galactica“ und „Blaue St. Galler“ mit sich. Die Bekanntheit der ältesten Sorte, „Peach Bloom“ aus Schottland, geht ins Jahr 1850 zurück.

Generelles Interesse an der biologischen Pflanzenzucht, Recherchefreudigkeit auf der Suche nach den seltenen Sorten und Experimentierlaune beim Anbau auf Lungauer Boden muss man schon mitbringen, will man erfolgreich sein. Was so bunt und vielfältig in Geschmack und auch in der Form ist – neben der klassischen „Knolle“ sind auch länglich-fingerähnliche sowie ovale Kartoffeln zu finden – bedeutet für die Produzenten nach wie vor eine durchgehende Herausforderung. Vom Saatgut über die Ernte bis zum Verkauf ab Hof wollen die Eachtling-Raritäten stets im Mittelpunkt stehen. Schon am Feld gilt: Bloß nicht durcheinanderkommen! Reihe für Reihe wird deshalb sortenweise gesät und mit Tafeln gekennzeichnet, Farben wechseln sich ab. Welche Sorte wo wächst, das ist überdies auf einem Ackerplan dokumentiert. Auf Spritzmittel wird konsequent verzichtet, Unkraut und eventuellen Schädlingen wird mit natürlichen Methoden begegnet: Ausreißen und abklauben.
 

„A G’riss“ um die Eachtling vom Anthofer

Die aufwändige Arbeit und die permanente Pflege bringen ihren Lohn. Wer interessiert ist an einem bunten Eachtling-Mix, der muss also schnell sein. Längst ist es nicht mehr allein die gehobene Gastronomie, die die Lungauer Eachtlingvielfalt auf ihren Tellern haben will. Es sind viele Privatkunden, der treue Kundenstamm von Hans Moser und Andrea Bacher ist bereits beträchtlich. Auch das Kaufverhalten hat sich verändert: Wurden anfangs die Ein-Kilogramm-Sackerl „zum Probieren“ aus den Kisten gewogen, gehen die Eachtlinge nun vorzugsweise in „Mehr-Kilogramm-Mengen“ vom Hof. Es kommt bei den Konsumenten an, dass die Anthofer’schen Eachtling-Raritäten unbehandelt und nicht vorabgepackt sind, sondern vielmehr ungewaschen (das Produkt aus der Erde wird lediglich sanft abgeputzt) sind und lose zum Herausklauben aus der jeweiligen Kiste bereitstehen. „Die Nachfrage ist wirklich groß und das freut uns sehr. Es zeigt, dass der Wert des regionalen Lebensmittels geschätzt wird“, so die Eachtlingbauern. Und das ist auch gut so, denn „irgendwann“ darf schließlich auch der Aspekt der Wirtschaftlichkeit hinzukommen!
 

Jede Kartoffel-Sorte ist speziell

Übrigens: Die Größe der Kartoffeln ist kein Qualitätsmerkmal! Die kleine „Trüffelkartoffel“ zum Beispiel ist eine echte Spezialität. Eine ganz feine Kartoffel ist auch die französische „Blue Belle“, sie hat gar einen blauen „Lidschatten“ über dem Auge. Deutsche Freunde wiederum staunen über „Linda“, gegen deren Abschaffung durch ein großes Pflanzenzuchtunternehmen zahlreiche Kartoffelzüchter kämpften. „Linda wird von uns alljährlich angebaut. Einerseits aus Solidarität zu Carsten Ellenberg, dem ‚Retter’ der Linda, und andererseits, weil es sich um eine sehr gute Speisekartoffel handelt“, so Hans Moser.

Mit ihrer Arbeit möchten Hans und Andrea nicht zuletzt zur Bewusstseinsbildung beitragen. „Wenn auf den Verpackungen der Kartoffeln im Supermarkt ‚mehlig’, ‚vorwiegend festkochend’ und ‚festkochend’ zu lesen ist, dann sind dies natürlich keine Sortenbezeichnungen, sondern Empfehlungen, wie sie verwendet werden. Das wissen wahrscheinlich viele Konsumenten nicht.“

Die Eachtlinge vom Anthofer sind allesamt eine Gaumenfreude. Sie sehen nicht nur unterschiedlich aus, sie haben auch alle einen speziellen Geschmack. Das kann Andrea nur bestätigen, sie muss es wissen: Denn nach der Erntezeit haben auch auf ihrem Küchenherd die Eachtlinge den Vorrang. „Eachtling gibt es bei uns in allen Variationen. Die Kinder lieben die Eachtling-Chips der buntfleischigen Sorten, diese sorgen generell für eine bemerkenswerte Optik am Teller. Am liebsten essen wir sie aber ganz schlicht und einfach mit Butter!“

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